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Blutende Bäume: Warum tritt Saft aus und wann ist der beste Zeitpunkt für den Schnitt?

Autorenbild: Maximilian HechtMaximilian Hecht

Wer schon einmal einen Baum beschnitten hat, kennt das Phänomen: Aus der frischen Schnittwunde tritt Saft aus – manchmal sogar in erheblicher Menge. Dieses sogenannte "Bluten" wirft oft Fragen auf. Ist es schädlich für den Baum? Was steckt hinter diesem Vorgang? Und gibt es eine optimale Zeit für den Baumschnitt, um übermäßigen Saftaustritt zu vermeiden? In diesem Artikel tauchen wir tief in die biologischen Prozesse ein und klären alle wichtigen Fragen rund um das Bluten der Bäume.


Inhaltsverzeichnis

Der Stoffwechsel von Bäumen: Ein faszinierendes Transportnetzwerk


Bäume sind hochkomplexe Lebewesen mit einem ausgeklügelten Transportsystem. Zwei zentrale Leitungssysteme sind für den Stoffaustausch und die Nährstoffverteilung entscheidend:


1. Xylem – Die Wasser- und Nährstoffautobahn


Das Xylem, auch als Holzteil bezeichnet, ist für den Transport von Wasser und darin gelösten Mineralstoffen aus den Wurzeln in die Blätter verantwortlich. Der Wasserfluss erfolgt durch einen kombinierten Mechanismus aus:


  • Kapillarkräften: Wasser steigt durch winzige Röhren im Holz nach oben.


  • Transpirationssog: Verdunstung von Wasser über die Blätter erzeugt einen Sog, der weiteres Wasser aus den Wurzeln nachzieht.


  • Wurzeldruck: Vor dem Blattaustrieb im Frühjahr erhöht sich der Druck im Xylem, wodurch Wasser aktiv nach oben transportiert wird.


2. Phloem – Das Nährstoffnetzwerk


Das Phloem, auch Bastteil genannt, dient dem Transport von Assimilaten (organische Verbindungen wie Zucker und Aminosäuren). Diese Stoffe werden in den Blättern durch Photosynthese produziert und an die Verbrauchsstellen im Baum weitergeleitet. Dazu gehören:


  • Wachsende Knospen und Triebe


  • Speicherorgane wie Wurzeln oder Stamm


  • Wundheilungsprozesse und Zellneubildung


Blutende Bäume
Birkenbäume bluten besonders stark

Hinweis: Die Blätter fungieren somit als "Produktionsfabriken" des Baumes: Sie nutzen Kohlendioxid aus der Luft, Sonnenenergie und Wasser aus dem Boden, um essentielle Stoffe zu synthetisieren, die dann über die Leitungsbahnen zielgerichtet verteilt werden.

Warum tritt Saft aus? Die Rolle des Wurzeldrucks: Blutende Bäume


Das Phänomen des Blutens tritt hauptsächlich im Frühjahr vor dem Blattaustrieb auf und lässt sich direkt auf den Wurzeldruck zurückführen.


Wurzeldruck – Der natürliche Pumpmechanismus


  • Vor dem Blattaustrieb speichert der Baum wertvolle Nährstoffe wie Zucker und Stärke in seinen Wurzeln und dem Stamm.


  • Mit steigenden Temperaturen beginnt der Baum, diese Reserven zu mobilisieren, um das Wachstum der neuen Knospen und Triebe zu unterstützen.


  • Das Xylem transportiert dabei Wasser mit gelösten Mineralstoffen aus den Wurzeln in die oberen Pflanzenteile.


  • Wenn ein Ast während dieser Phase geschnitten wird, bleiben die offenen Xylem-Leitungen unverschlossen, sodass der Wurzeldruck das Wasser samt gelöster Stoffe aus der Wunde herauspresst.

Hinweis: Dieses Phänomen ist besonders bei bestimmten Baumarten stark ausgeprägt.

Welche Bäume bluten besonders stark?


Nicht alle Bäume sind gleichermaßen vom Bluten betroffen. Einige Arten weisen aufgrund ihres hohen Wurzeldrucks eine besonders starke Saftabsonderung auf:


  • Walnussbaum (Juglans regia)

  • Birke (Betula spp.)

  • Ahorn (Acer spp.)

  • Robinie (Robinia pseudoacacia)

  • Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera)

  • Weinrebe (Vitis vinifera)

  • Kiwi


Blutende Bäume

Besonders extrem kann es bei Birken sein, die bis zu fünf Liter Saft pro Tag aus ihren Wunden verlieren können.


Schadet das Bluten dem Baum?


Die wissenschaftliche Einschätzung zum Bluten von Bäumen ist uneinheitlich. Während einige Studien darauf hinweisen, dass das Phänomen für den Baum weitgehend unbedenklich ist, empfiehlt die Mehrheit der Fachliteratur, blutende Bäume rechtzeitig zu schneiden, um unnötigen Saftverlust zu vermeiden.


Unterschiedliche wissenschaftliche Ansichten:


  • Kein signifikanter Schaden: Untersuchungen zeigen, dass Bäume trotz Bluten ihr Wachstum in der Regel ungehindert fortsetzen und keine langfristigen Schäden erleiden.


  • Möglicher Schutzmechanismus: Einige Forscher vermuten, dass das Bluten eine natürliche Verteidigungsstrategie darstellt. Der austretende Saft könnte Krankheitserreger wie Bakterien und Pilze aus der Wunde herausspülen und so Infektionen verhindern.


  • Energie- und Nährstoffverlust: Die Mehrheit der Fachliteratur argumentiert, dass durch das Bluten große Mengen Wasser und essenzielle Nährstoffe verloren gehen, die eigentlich dem Baum zugutekommen sollten. Dies kann insbesondere bei jungen oder geschwächten Bäumen zu einer Schwächung führen.


Wann bluten Bäume am meisten?


Das Bluten tritt hauptsächlich zeitigen Frühjahr auf, wenn der Baum aus der Winterruhe erwacht und den Nährstofftransport in die neuen Triebe startet. Der hohe Wurzeldruck sorgt dann für den verstärkten Saftaustritt. Sobald die Blätter vollständig entwickelt sind, nimmt das Bluten ab oder hört ganz auf.


Blutende Bäume

Die optimale Schnittzeit für blutende Bäume


Um übermäßigen Saftverlust zu verhindern und den Baum nicht unnötig zu schwächen, sollte der Schnitt optimal in absoluter Winterruhe, nach dem Blattaustrieb oder im Sommer (ca. August) erfolgen. Dadurch wird der Wurzeldruck reduziert, der Baum blutet nicht mehr und kann sich effizienter regenerieren.


Obwohl das Bluten nicht zwingend schädlich ist, lässt sich durch eine angepasste Schnittstrategie der Wasser- und Nährstoffverlust minimieren, wodurch die Vitalität des Baumes langfristig gesichert wird.


Was zählt beim Schnitt?


1. Schnittführung und Vitalität des Baumes


Ein präziser Schnitt ist essenziell. Dabei sollte Folgendes beachtet werden:


  • Gesunde Äste bevorzugen: Kranke oder beschädigte Äste entfernen, um die Vitalität des Baumes zu erhalten.


  • Saubere Schnitte setzen: Scharfe Werkzeuge nutzen, um ausgefranste Wundränder zu vermeiden.


  • Schnittposition beachten: Nicht zu nah am Stamm schneiden (auf Astring schneiden), um den natürlichen Wundverschluss zu unterstützen.


2. Reservestoffe und Winterhärte


  • Im letzten Drittel der Vegetationsperiode speichert der Baum Nährstoffe für den Winter. Ein zu früher oder zu starker Rückschnitt kann die Einlagerung dieser Reservestoffe massiv beeinträchtigen.


  • Bäume, die nicht genügend Reserven einlagern, treiben im Frühjahr schwächer aus. Dies kann zu Wachstumsstörungen oder einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten führen. Es sollte beachtet werden, ob Wachstum angeregt oder gebremst werden sollte und so der Schnittzeitpunkt gewählt werden.


  • Ein geschwächter Baum hat weniger Energie für die Winterhärte. Besonders alte oder bereits gestresste Bäume können dadurch langfristig Schaden nehmen.


Psychologischer Aspekt des Blutens


Auch wenn wissenschaftlich kein eindeutiger Schaden durch das Bluten belegt ist, wirkt es auf viele Baumliebhaber unnatürlich und beunruhigend. Der Austritt großer Mengen Baumsaft kann den Eindruck erwecken, dass dem Baum lebenswichtige Ressourcen entzogen werden. Deshalb bevorzugen viele Experten den Schnitt nach dem Blattaustrieb – nicht nur aus biologischen, sondern auch aus praktischen und ästhetischen Gründen.


Fazit


Wer seinen Baum langfristig vital halten möchte, sollte sich weniger auf traditionelle Schnittzeiten verlassen und mehr auf die natürliche Wachstumsdynamik des Baumes achten. 🌳✂


Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu blutenden Bäumen


1. Kann man das Bluten eines Baumes stoppen?


Ja, indem du den Schnittzeitpunkt optimierst. Am besten schneidest du blutende Bäume nach dem Blattaustrieb oder in absoluter Winterrruhe, wenn der Wurzeldruck gesunken ist.


2. Ist Baumsaft gefährlich?


Nein, Baumsaft ist ungiftig. Ahorn und Birke produzieren sogar essbaren Saft. In seltenen Fällen kann der Saft Hautreizungen verursachen – nach Kontakt am besten Hände waschen.


3. Schadet es dem Baum, wenn er blutet?


Die Wissenschaft ist sich uneinig. Während einige Studien darauf hinweisen, dass das Bluten dem Baum nicht schadet und möglicherweise sogar Krankheitserreger aus der Wunde spülen kann, gibt es andere Ansichten, die vor einem übermäßigen Saftverlust warnen.


  • Potentieller Selbstreinigungsmechanismus: Einige Forscher argumentieren, dass der austretende Saft Bakterien und Pilzsporen aus der Wunde schwemmt und so Infektionen verhindert.


  • Möglicher Nachteil für geschwächte Bäume: Ein hoher Saftverlust kann bei bereits geschwächten oder jungen Bäumen zu einer zusätzlichen Belastung führen und das Wachstum negativ beeinflussen.


Da keine abschließende wissenschaftliche Einigung besteht, empfiehlt es sich, die Schnittzeit zu optimieren, um unnötigen Saftverlust zu vermeiden.

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